Globalisierung und Digitalisierung haben unsere Arbeitswelt grundlegend verändert. Die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben verschwimmen mehr und mehr. Daraus erwachsen neue Ansprüche und Bedürfnisse, Konzepte wie ‘New Work’ werden immer populärer. Doch was hat es damit auf sich? In diesem Beitrag erfahren Sie es.
New Work in der Praxis: 5 bekannte Modelle
Herausforderungen von New Work
Was ist New Work?
Der Begriff ‘New Work’ ist älter als man meinen würde: Bereits Ende der 1970er Jahre wurde er vom österreichisch-amerikanischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann geprägt. Aus Ernüchterung über den Sozialismus der damaligen Ostblockstaaten begann er, ein Gegenmodell zu entwickeln, bei dem die sinnstiftende Funktion der Arbeit im Mittelpunkt steht. Im technischen Fortschritt sah er die Möglichkeit, Menschen von monotoner Lohnarbeit zu befreien und stattdessen Freiheit, Selbstentfaltung und Eigenverantwortung zu fördern. Arbeit sollte zu etwas werden, das Menschen nicht etwa tun müssen, sondern tun wollen.
New Work ist dementsprechend nicht als konkretes Arbeitsmodell zu verstehen. Vielmehr steht das Konzept für einen strukturellen Wandel in der Arbeitswelt. Dieser ist auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer:innen ausgerichtet, zum Beispiel durch flexible Arbeitszeiten, agiles Projektmanagement, Remote-Arbeit und flache Hierarchien. Angesichts des akuten Fachkräftemangels und der steigenden Ansprüche junger Generationen ist New Work gerade heute ein bedeutsames Thema.
New Work in der Praxis: 5 bekannte Modelle
Für die Umsetzung von New Work im eigenen Unternehmen gibt es keine Standardlösung. Sie ist abhängig von den spezifischen Bedürfnissen und Herausforderungen, die sich aus der Kundschaft, dem Wettbewerb, den Produkten oder Dienstleistungen, den Angestellten und den Arbeitsprozessen des Unternehmens ergeben. Ganz zentral ist jedoch die Unternehmenskultur: Wer New Work ausschließlich Top-down einführen möchte, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Dasselbe gilt für eine oberflächliche Implementierung, die sich lediglich auf Tools oder Methoden, auf Technik oder die Bürogestaltung bezieht. Erst wenn Mensch, Organisation und Technik zusammengedacht werden, entfaltet New Work sein Potenzial. In der Praxis zeigt sich das durch eine Vielzahl von Veränderungen in Unternehmen. Hier sind fünf beliebte Modelle, die Sie kennen sollten:
Holokratie
Bei diesem Führungsansatz gibt es keine festen Hierarchien. Stattdessen verteilt sich die Führungsverantwortung auf das gesamte Team. Als Grundlage dient ein Regelwerk, das für alle Mitarbeitenden gleichermaßen gilt. Entscheidungen werden demokratisch und transparent getroffen, Aufgaben werden in sich selbst organisierenden Gruppen mit flexiblen Rollen bearbeitet.
Work-Life-Blending
Wenn Arbeit und Privatleben sich miteinander vermischen, spricht man von Work-Life-Blending. Wird dieses bewusst gefördert, kann es durchaus positive Effekte mit sich bringen: Den Angestellten werden Freiheiten und Vertrauen entgegengebracht, sodass sie beispielsweise Arbeitszeit und -Ort auf ihren Alltag abstimmen können. Das stärkt die Zufriedenheit und Motivation.
Vertrauensarbeitszeit
Noch einen Schritt weiter geht die Vertrauensarbeitszeit. Dabei zählt nicht die Anzahl der Stunden, sondern das Ergebnis. Dementsprechend wird die Arbeitszeit nicht durch den Arbeitgeber kontrolliert – er legt lediglich den wöchentlichen oder monatlichen Umfang fest.
Co-Working & Desksharing
Typisch für New Work sind auch moderne Arbeitsplätze, die Raum für Kreativität und Flexibilität bieten. Dazu gehören beispielsweise Co-Working-Spaces, in denen Freelancer, Start-ups und Angestellte verschiedener Unternehmen zusammenarbeiten. Innerhalb eines Unternehmens erlaubt das sogenannte Desksharing, dass Plätze je nach Bedarf und Verfügbarkeit frei gewählt werden können. Beide Modelle ermöglichen mehr Abwechslung im Arbeitsalltag und fördern den gegenseitigen Austausch.
Agiles Projektmanagement
Dieses Vorgehen kommt ursprünglich aus der Softwareentwicklung und bezeichnet eine dynamische und flexible Arbeitsweise. Projekte werden in kürzeren Abschnitten geplant und kontinuierlich angepasst. Die bekanntesten Beispiele für agile Methoden sind Scrum, Kanban und Design Thinking.
Vorteile für Unternehmen
New Work hat zahlreiche Vorteile, die sich sowohl auf die Mitarbeiter:innen als auch auf das Unternehmen selbst auswirken. Der wichtigste Faktor ist dabei wohl die Zufriedenheit: Wenn Angestellte die Möglichkeit haben, ihre Arbeitsweise an die eigenen Bedürfnisse anzupassen und so das Privat- und Berufsleben besser zu vereinen, steigen Motivation und Produktivität. Außerdem fördert eine Arbeitsumgebung, die Kreativität und den gegenseitigen Austausch fördert, zu neuen Ideen und Innovationen. Eine erhöhte Mitarbeiter:innenzufriedenheit führt wiederum zu besseren Ergebnissen und wirkt sich positiv auf das Firmenimage aus. Auch junge Talente werden von Arbeitgebern angezogen, die New Work praktizieren.
Herausforderungen von New Work
Trotz der positiven Aspekte, die New Work mit sich bringt, gibt es natürlich auch kritische Punkte und Herausforderungen, die bei der Umsetzung bedacht werden sollten. Zum einen bedeutet das erhöhte Maß an Freiheit gleichzeitig auch weniger Struktur und mehr Selbstorganisation. Wer Schwierigkeiten damit hat, sich diese selbst zu schaffen, wird mit flexiblen Arbeitsbedingungen nicht weniger, sondern mehr Stress haben. Deshalb ist es wichtig, mithilfe von gemeinsamen Meetings, klaren Deadlines und guter Koordination sicherzustellen, dass niemand im Aufgabendickicht verloren geht. Darüber hinaus können Ansätze wie Work-Life-Blending die Abgrenzung zur Arbeit erschweren, zum Beispiel, weil Angestellte das Gefühl haben, immer erreichbar sein zu müssen. Schlimmstenfalls führt dies zur Überlastung bis hin zum Burnout und wirkt sich negativ auf persönliche Beziehungen aus. Um diesen Folgen vorzubeugen, sollten trotz aller Flexibilität klare Ruhezeiten sowohl abends als auch am Wochenende festgelegt werden. Auch andere private Zeiträume, in denen Mitarbeitende nicht erreichbar sind, sollten abgesprochen und respektiert werden. Bei der erfolgreichen Umsetzung können auch digitale Tools helfen, zum Beispiel bei der Kommunikation und Zusammenarbeit, im Projektmanagement, bei der Zeitplanung oder für regelmäßiges Feedback.
Fazit
New Work ist mehr als nur ein Trend – aber es ist auch kein Allheilmittel. Hinter dem Begriff vereint sich eine Vielzahl von Konzepten, die für verschiedene Unternehmen unterschiedlich gut funktionieren. Bei der Umsetzung kommt es darauf an, sorgfältig vorzugehen, die nötigen Voraussetzungen zu schaffen und das ganze Unternehmen mit einzubeziehen. Wenn das gelingt, ist New Work ein Gewinn für Angestellte und Arbeitgeber zugleich.
Quellen
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