Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) läutet eine neue Ära in der Nachhaltigkeitsberichterstattung ein: Damit müssen in Zukunft wesentlich mehr Unternehmen auch Informationen über Umwelt-, Sozial- und Governanceaspekte ihrer Geschäftstätigkeit offenlegen. Welche Anforderungen die Berichte genau erfüllen sollen, hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) in den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) festgelegt.
Das Set 1 mit den sektorunabhängigen Standards wurde im Juli 2023 von der Europäischen Kommission verabschiedet und tritt ab 2024 in Kraft. Ergänzend zum Set 1 sollen bis voraussichtlich 2026 sektorspezifische Standards (Set 2) sowie Erleichterungen für bestimmte Unternehmen und Institute von EFRAG entwickelt werden. Zudem sind unternehmensspezifische Standards geplant. In diesem Beitrag geben wir Ihnen einen Überblick über das veröffentlichte ESRS Set 1. Sie bestehen aus zwölf Berichtsstandards, von denen sich zehn auf verschiedene Nachhaltigkeitsthemen verteilen und zwei übergreifende Anforderungen stellen. Diese sind im Detail auch hier zu finden.
1. Übergreifende Standards
In diesen Bereich gehören ESRS 1 (Allgemeine Anforderungen) und ESRS 2 (Allgemeine Angaben). Die beiden sogenannten Querschnitts-Standards enthalten allgemeine Bestimmungen zur Erstellung der Nachhaltigkeitsberichte und konkrete Anforderungen, die unabhängig von spezifischen Nachhaltigkeitsthemen für alle Unternehmen gelten.
Dazu zählen verschiedene Offenlegungspflichten: Unternehmen müssen etwa preisgeben, inwiefern Nachhaltigkeitsthemen in ihren Governance-Strukturen verankert sind, welche Auswirkungen, Risiken und Chancen in puncto Nachhaltigkeit bestehen und welche Mess- und Zielgrößen im Bericht verwendet werden. Außerdem werden Auskünfte über die Nachhaltigkeitsstrategie, die Wesentlichkeit, das Geschäftsmodell, das Stakeholderengagement und die Wertschöpfungskette gefordert.
2. Die drei Nachhaltigkeitssäulen ESG
Die Abkürzung ESG steht für Economics (Umwelt), Social (Soziales) sowie Governance (Unternehmensführung) und bildet eine wichtige Grundlage für den Umgang bzw. die Einordnung von Nachhaltigkeit in Unternehmen. Jede dieser Säulen deckt dabei einen wichtigen Nachhaltigkeitsaspekt ab, der für eine nachhaltiges Geschäftsmodell unentbehrlich ist.
a) Umwelt
Der Umweltbereich umfasst insgesamt fünf themenbezogene Berichtsstandards. ESRS E1 betrifft den Klimawandel und enthält dementsprechend Anforderungen zu den Themen Klimaschutz, Klimaanpassung und Energie. Der Standard ist von allen berichtspflichtigen Unternehmen vollständig anzuwenden, weshalb er nicht aufgrund von individuellen Wesentlichkeitserwägungen ausgeschlossen werden kann.
Im ESRS E2 werden Berichtsanforderungen zum Thema Umweltverschmutzung aufgeführt, insbesondere zur Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden sowie besorgniserregenden Stoffen. Bestimmungen zur Offenlegung der Nutzung von Wasser- und Meeresressourcen sind im ESRS E3 festgelegt.
ESRS E4 beschreibt den Standard für die Berichterstattung über Biodiversität und Ökosysteme, z.B. über die Landnutzung und Landnutzungsänderung, inklusive Entwaldung, invasiven Arten und weiteren Treibern für Biodiversitätsverlust, sowie über den Zustand von Arten und Ökosystemen.
Zuletzt finden sich in ESRS E5 Regelungen zur Kreislaufwirtschaft: Nachhaltigkeitsberichte müssen über die Ressourcennutzung, insbesondere Materialien und deren zirkuläre Verwendung, die Produkte des Unternehmens und Abfälle aufklären.
b) Soziales
Zum Bereich des Sozialen gehören vier themenbezogene Berichtsstandards. Der ESRS S1 zur eigenen Belegschaft schreibt vor, dass gewisse Informationen über die Mitarbeiter:innen eines Unternehmens offengelegt werden müssen, z.B. die Personalstruktur, die Mitarbeiterzufriedenheit, -entwicklung und -förderung, die Arbeitsbedingungen sowie die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz.
ESRS S2 betrifft die Beschäftigten in der Wertschöpfungskette und setzt somit den Berichtsstandard über Arbeitsbedingungen und -praktiken entlang der gesamten Lieferkette eines Unternehmens. Damit soll sichergestellt werden, dass Arbeits- und Menschenrechte geschützt und faire und sichere Arbeitspraktiken bei Lieferant:innen und Partner:innen gefördert werden. Betroffene Gemeinschaften sind durch den ESRS S3 abgedeckt - demnach soll der Bericht die Auswirkungen eines Unternehmens auf lokale Gemeinschaften und deren Interessen abbilden, um Beteiligungsprozesse aufzudecken und Maßnahmen zur Förderung des Gemeinwohls anzustoßen.
Schließlich bestimmt der ESRS S4 den Standard für den Verbraucher- und Kundenschutz. Dazu zählen z.B. Informationen über die Kommunikation von Produktsicherheit, Qualität und ethischen Praktiken, Kundenservice und Beschwerdemanagement und Maßnahmen zur Förderung von Verbraucherinteressen. So soll das Vertrauen der Verbraucher:innen in das Unternehmen und seine Produkte gestärkt werden.
c) Governance
Der Bereich Governance betrifft den ESRS G1 zum Thema Geschäftsgebaren bzw. Business Conduct. Dieser Standard sieht die Offenlegung von Informationen über ethische Grundsätze, das Integritätsmanagement und Compliance-Praktiken von Unternehmen vor, einschließlich Korruptionsbekämpfung, der Einhaltung von Gesetzen, Maßnahmen bei Interessenkonflikten und Verhaltenskodizes für Mitarbeiter:innen und Führungskräfte. Durch Transparenz im Governance-Bereich soll Vertrauen aufgebaut und das Engagement von Unternehmen für eine verantwortungsvolle und ethische Geschäftspraxis demonstriert werden.
3. Was ist der aktuelle Stand?
Der Hintergrund der CSRD und der ESRS ist der European Green Deal. Dieser wurde verabschiedet, um die nachhaltige Transformation der EU voranzutreiben.
Benötigt wird eine verbesserte, transparente Datenlage der Wirtschaftsunternehmen. Dafür soll die Berichtspflicht der CSRD sowie das einheitliches Rahmenwerk durch die ESRS sorgen. Anfang Juni hat die Europäische Kommission die Entwürfe der 12 ESRS für öffentliches Feedback freigegeben. Im Vergleich zu der von der EFRAG veröffentlichten Version von November 2022 verzeichnen diese ein deutlich verringertes Ausmaß der Berichtspflichten und größenabhängige Einschleifregelungen für den Übergangszeitraum. Dadurch soll die Belastung der berichtspflichtigen Unternehmen reduziert werden.
Insgesamt weisen die überarbeiteten Entwürfe einen größeren Anteil an freiwilligen Angaben, mehr Flexibilität bei der Ermittlung und eine erhöhte Kohärenz mit anderen EU-Regularien und Berichterstattungsstandards wie dem ISSB oder GRI auf. Interessierte Stakeholder:innen hatten bis Anfang Juli 2023 Zeit, um die Entwürfe zu kommentieren. Gegen Ende des Monats wurden die finalen ESRS schließlich als delegierten Rechtsakt durch die Europäische Kommission verabschiedet, gefolgt von einem Prüfungszeitraum (engl. „scrutiny period”), in dem sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat Einwände erheben konnten. Ab dem 1. Januar 2024 sind die ESRS für alle von der CSRD betroffenen Unternehmen unmittelbar verbindlich.
Quellen:
Commentaires