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Freiwillig Bericht erstatten lohnt sich – alles über den neuen Standard VSME

Aktualisiert: 24. Juli

Menschen in einem Büro

Von den gesetzlichen Nachhaltigkeits-Berichtsstandards wie der CSRD sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) weitestgehend ausgenommen. Trotzdem müssen auch sie sich häufig damit auseinandersetzen: Immer mehr Investoren, Geschäftspartner und andere Stakeholder fordern von Unternehmen Transparenz. Damit sie den verschiedenen Anfragen besser gerecht werden können, soll es nun einheitliche Richtlinien geben. Die EU entwickelt derzeit einen freiwilligen Berichtsstandard für KMU, den Voluntary SME-Standard (VSME).


Wie genau dieser aussieht und welche Vorteile er für Unternehmen hat, erfahren Sie in diesem Beitrag.



Was ist der VSME? 

Am 22. Januar 2024 hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) die Entwürfe für zwei neue Standards veröffentlicht, die beide die Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU betreffen: Den VSME und den LSME. Letzterer ist nur für börsennotierte KMU relevant und verpflichtend. Der Voluntary SME-Standard richtet sich hingegen an freiwillig berichtende KMU. Seine Anforderungen sind deshalb weniger streng und der Berichtsumfang variabel. Beide Entwürfe standen bis zum 21. Mai 2024 zur Konsultation. In diesem Rahmen konnten die betroffenen KMU, aber auch große Unternehmen und Geschäftspartner, für die die Nachhaltigkeitsinformationen der KMU relevant sind, die Entwürfe kommentieren. Ihre Rückmeldungen werden nun bis zum Ende des Jahres gesichtet und eingearbeitet, sodass die beiden Standards voraussichtlich noch vor Weihnachten veröffentlicht werden können. Bereits ab Anfang 2025 ist es für KMU also theoretisch möglich, einen freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht nach dem VSME zu erstellen.


Welche Vorteile hat der VSME?

Ob berichtspflichtig oder nicht – die Nachhaltigkeitsperformance von Unternehmen wird ein immer wichtigerer Erfolgsfaktor. Zum einen erfordert der rasant voranschreitende Klimawandel dringende Maßnahmen, um ökologische und soziale Nachhaltigkeit in der Wirtschaft zu verankern. Aber auch die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben ziehen viele Unternehmen zur Verantwortung und schaffen so eine steigende Erwartungshaltung auf Seiten der Stakeholder. Immer öfter werden nicht-berichtspflichtige Unternehmen gebeten, Informationen über ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt offenzulegen, zum Beispiel, wenn sie Teil der Lieferkette eines berichtspflichtigen Unternehmens sind. Für sie ist damit bisher ein erhöhter Aufwand verbunden: Die unterschiedlichen Anfragen verlangen auch unterschiedliche Informationen und Formate. 


Der VSME soll nun die freiwillige Berichterstattung nicht-börsennotierter KMU erheblich vereinfachen. Unter anderem ist er


  • einheitlich: Als EU-weiter Standard sorgt der VSME für mehr Vergleichbarkeit und Transparenz

  • anwenderfreundlich: Der VSME bietet Orientierung und lässt sich auf unterschiedliche Bedürfnisse anwenden

  • freiwillig: Der VSME soll die KMU entlasten, indem er auf bestehende Bedürfnisse eingeht


Wer kann den VSME anwenden?

Zu den Unternehmen, die nicht CSRD-berichtspflichtig sind und einen freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht nach dem VSME-Standard erstellen können, gehören Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Sie gliedern sich nach Bilanzsumme, Nettoumsatz und Beschäftigtenzahl:


leeres Büro

Kleinstunternehmen:

  • Bilanzsumme < 350.000 €

  • Nettoumsatz < 700.000 € und

  • < 10 Beschäftigte


Kleines Unternehmen:

  • Bilanzsumme < 4 Mio €

  • Nettoumsatz < 8 Mio € oder

  • durchschnittlich 50 Beschäftigte


Mittleres Unternehmen:

  • Bilanzsumme < 20 Mio €

  • Nettoumsatz < 40 Mio € und

  • < 250 Beschäftigte



Wie wird der VSME aussehen? 

Durch den VSME-Bericht soll ersichtlich werden, welche negativen Auswirkungen das Geschäft eines Unternehmens auf Mensch und Umwelt hat und welche Umwelt- und Sozialfragen sich auf dessen Finanzen und Leistung auswirken. Im Entwurf sind dafür bislang drei Module vorgesehen: Das Basis-Modul, das PAT-Modul und das Business-Partner-Modul. Dabei dient das Basis-Modul als obligatorische Grundlage, die um eines oder beide der anderen Module erweitert werden kann. Der VSME-Bericht soll jährlich angefertigt und gleichzeitig mit dem Geschäftsbericht zur Verfügung gestellt werden, wenn möglich sogar als ein Teil dessen. Gewisse sensible Informationen dürfen ausgespart werden. Ab dem zweiten Jahr soll auch ein Vergleich zum Vorjahr in den Bericht aufgenommen werden.


Basis-Modul

Dieses Modul wird für Kleinstunternehmen empfohlen und enthält die geringsten Anforderungen. Eine Doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist nicht erforderlich. Die inhaltlichen Anforderungen betreffen insgesamt 12 ESG-Themen (B1–12), die sich aus über 30 Datenpunkten zusammensetzen. Dazu gehören unter anderem Angaben zur Verwaltung und den bisherigen Nachhaltigkeitsbemühungen im Unternehmen, zu den Emissionen, dem Umweltschutz und der Ressourcennutzung sowie zur eigenen Belegschaft und den betroffenen Menschen und Gemeinschaften entlang der Wertschöpfungskette. Bestimmte Themen müssten jedoch nur in den Bericht aufgenommen werden, wenn sie vom Unternehmen als “zutreffend” angesehen werden.


PAT-Modul (Narrative-Policies, Actions and Target)

Laut VSME-Entwurf eignet sich dieses Modul für Unternehmen, die bereits entsprechende Richtlinien, Maßnahmen und Ziele definiert haben. In den sogenannten Disclosures N1–5 ist demnach festgelegt, wie diese im Bericht dargelegt werden sollen. Erforderlich sind dafür Angaben zu Geschäftsmodell und -strategie, Stakeholdern und verschiedenen Aspekten des Nachhaltigkeitsmanagements. Außerdem muss eine Doppelte Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt werden. Das bedeutet, dass Unternehmen über ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt (Inside-Out: Impact Materiality) sowie die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen (Outside-In: Financial Materiality) berichten müssen.


Business-Partner-Modul

Dieses Modul ist vor allem für Unternehmen vorgesehen, deren Nachhaltigskeitsdaten von Kreditgeber:innen, Investor:innen & Firmenkund:innen angefordert werden. Ein erforderlicher Teil des Berichts ist auch hier die Doppelte Wesentlichkeitsanalyse. Außerdem müssen erweiterte Angaben zu bestimmten Einkommensquellen, Umweltauswirkungen und entsprechenden Maßnahmen, sozialen Faktoren und der Einhaltung verschiedener offizieller Leitlinien gemacht werden (BP1–11). 


Fazit

Schon jetzt ist klar, dass der VSME eine sichtbare Lücke füllen wird: Immer mehr Unternehmen und ihre Stakeholder legen Wert auf eine nachhaltige und transparente Wirtschaft. Mit einem freiwilligen, offiziellen und internationalen Berichtsstandard wird nun auch KMU Orientierung und Einheitlichkeit in der Nachhaltigkeitsberichterstattung ermöglicht. Bis zur Veröffentlichung am Ende des Jahres können sich die konkreten inhaltlichen Details des VSME noch ändern, sein modularer Aufbau gilt allerdings als gesetzt. Für Unternehmen, die einen freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht erstellen möchten, lohnt es sich also, die entsprechenden Bereiche bereits in den Blick zu nehmen. 


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